Friesenheim, den 22.Oktober 2022

 

PRESSEMITEILUNG

 

Grundschulen vor dem Kollaps

An manchen Standorten fällt jede zweite Lehrkraft aus

„ Ich bin absolut verzweifelt und weiß nicht, wie es nach den Herbstferien weitergehen soll!“, so die Schulleiterin einer einzügigen Grundschule, bei der noch 40% der Lehrkräfte einsatzfähig sind.

An den Grundschulen unterrichten überwiegend Frauen, schwangere Kolleginnen dürfen  nicht mehr im Präsenzunterricht eingesetzt werden, d.h., wer jetzt schwanger wird, fällt für den Rest des Schuljahres aus.

Wenn davon z.B. eine einzügige Grundschule betroffen ist, die schlagartig die Klassenlehrerin in Klasse 4 ersetzen muss, wenn dann noch Ausfälle wegen kurzfristigen Erkrankungen dazu kommen – eine normale Situation im Herbst, auch ohne die Coronafälle – muss man nicht besonders gut rechnen können, um zu erkennen: Da geht nichts mehr!

Viele Grundschulen sind schon mit Defiziten in das Schuljahr gestartet, haben bei Förderstunden und Ganztagsbetrieb gekürzt, haben VKL Klassen, in denen Zuwanderer- und Geflüchtetenkinder versorgt werden, die nahezu den Klassenteiler einer Regelklasse (28 Schüler:innen) erreichen, arbeiten mit Deputatsaufstockungen und Überstunden – und hören von der Politik, Baden-Württemberg sei „auf einem guten Weg“ und die Forderung nach mehr Lehrkräften sei immer die „gleiche alte Leier“.

Solche Äußerungen sind schon als zynisch anzusehen, stellt der Vorstand des Landeschulbeirats Baden-Württemberg (LSB) fest. erwartet ein Sofortprogramm zur Sicherung des Unterrichts an den Grundschulen des Landes – Qualifikationsmaßnahmen und faire Verträge für Quereinsteiger:innen und sogenannte Nichterfüller:innen, verstärkter Einsatz von multiprofessionellen Teams und Entlastung der Schulleitungen und Lehrkräfte von Verwaltungsaufgaben, um Kapazitäten für den Unterricht zu gewinnen. Es wäre auch ein Gedanke, für eine gewisse Zeit ausgebildete Lehrkräfte, die in anderen Bereichen für unterrichtsfremde Tätigkeiten eingesetzt sind, wieder teilweise an die Schulen zu holen und dort Personal von außen zu suchen.

Die Ergebnisse der gerade veröffentlichen IQB-Studie zu den schlechten Leistungen der Viertklässler an Baden-Württembergs Schulen zeigen ein erschreckend schwaches Bild unseres Schulwesens. Wenn es wieder besser werden sollte liegt das nicht an der Einrichtung neuer Institute des Kultusministeriums, sondern an einer besseren Versorgung der Klassen mit Lehrer:innen und noch mehr Förderung der Schüler:innen einer immer heterogeneren Schülerschaft.